Die verborgenen Türen der Stille

Warum Du Stille nicht erschaffen, sondern nur entdecken kannst

Kennst Du das Gefühl, wenn Du verzweifelt versuchst, zur Ruhe zu kommen, aber je mehr Du es versuchst, desto lauter wird es in Deinem Kopf?

Ich saß neulich in einem Café und beobachtete eine Frau am Nebentisch. Sie hatte Kopfhörer auf, die Augen geschlossen, und versuchte offensichtlich zu meditieren. Alle paar Sekunden zuckte sie zusammen – bei jedem Geräusch, jedem Stuhlrücken, jedem Gespräch um sie herum. Sie kämpfte gegen die Welt an, um endlich diese ersehnte Stille zu finden. Und genau da liegt das Missverständnis, das die meisten von uns haben.

Wir glauben, Stille sei etwas, das wir herstellen müssen. Ein Zustand, den wir erreichen, wenn nur endlich alle äußeren Umstände stimmen. Wenn die Kinder schlafen, wenn die Nachbarn leise sind, wenn unser Geist endlich aufhört zu rattern. Doch ist das wirklich so? Können wir wirklich erst dann zur Ruhe finden, wenn es auch im Außen ruhig ist? Oder wird es nicht sogar gerade dann tosend laut in uns, wenn wir keine Ablenkungen mehr im Außen haben?

Schauen wir uns das Konzept der Stille einmal genauer an - und vielleicht bekommen wir am Ende das "Konzept" von der Stille gelöst.

Ein Raum, der immer da ist

Die Stille, die ich Dir zeigen möchte, ist kein Zustand – sie ist ein Raum. Ein Raum, der konstant existiert, auch inmitten des größten Chaos.

Stell Dir vor, Du stehst in einem überfüllten Bahnhof. Überall um Dich herum ist Lärm, Bewegung, Hektik. Doch plötzlich bemerkst Du etwas Eigenartiges: Zwischen jedem Geräusch, zwischen jedem Gedanken, zwischen jedem Atemzug gibt es winzige Lücken. Momente der absoluten Stille.

Solltest Du Dir darunter gar nichts vorstellen können, dann schaue Dir gerne meinen Newsletter zur absoluten Basis an. Dort zeige ich Dir auch eine Übung, wie Du die Stille bewusst erleben kannst – dabei arbeiten wir auch mit den "Lücken" um zum Ziel zu kommen.

Diese Lücken sind nicht zufällig da – sie sind das Fundament, auf dem alles andere ruht. So wie der leere Raum in einem Zimmer genauso real ist wie die Möbel, die darin stehen. Ohne diesen Raum gäbe es keinen Platz für die Möbel. Ohne die Stille gäbe es keinen Raum für Gedanken, Geräusche oder Erfahrungen.

Das Faszinierende daran? Du musst diesen Raum nicht erschaffen. Er ist bereits da. Du musst ihn nur bemerken.

Der Vorgang ist dabei recht simpel: Du bemerkst die Stille der Lücken, erkennst den Raum und schon weitet sich dieser Raum aus, bis er die komplette Kulisse bildet, auf der sich alles abspielt. Behalte bitte im Hinterkopf, dass wir auch hier nur metaphorisch miteinander sprechen können – es gibt keine Worte, die das, was dabei passiert, vollständig fassen können. Die Worte weisen auf den Prozess hin.

In unserem Alltag hetzen wir von einem Gedanken zum nächsten, von einer Aufgabe zur anderen, von einem Gefühl zum nächsten. Dabei übersehen wir die Zwischenräume – die stillen Momente, die jeden Atemzug umrahmen, die Pause zwischen Herzschlag und Herzschlag, die Weite zwischen zwei Gedanken.

Es ist, als würdest Du ein Buch lesen und nur die Buchstaben sehen, aber das weiße Papier dazwischen vollkommen ignorieren. Dabei ist es genau dieser weiße Raum, der die Buchstaben erst lesbar macht. Ohne ihn wäre alles nur ein schwarzer Klumpen ohne Bedeutung.

So ist es auch mit der Stille in unserem Bewusstsein. Sie ist nicht das Gegenteil von Geräuschen oder Gedanken – sie ist der Raum, in dem sie alle entstehen und wieder vergehen.

Vielleicht fragst Du Dich jetzt: „Aber wie finde ich diesen Raum, wenn ich ihn nicht erschaffen kann?" Die Antwort ist so einfach wie verblüffend: Du hörst auf zu suchen.

Weißt Du, was passiert, wenn Du aufhörst, verzweifelt nach Stille zu greifen? Wenn Du nicht mehr versuchst, Deine Gedanken zum Schweigen zu bringen oder die Welt um Dich herum stummzuschalten? Du beginnst zu bemerken, was schon immer da war.

Es ist wie mit dem Versuch, eine Handvoll Wasser festzuhalten. Je fester Du zupackst, desto mehr rinnt es Dir zwischen den Fingern hindurch. Öffnest Du aber Deine Hände und hältst sie wie eine Schale, kann das Wasser sich sammeln.

Ein Experiment im gegenwärtigen Moment

Lass uns das doch gleich einmal ausprobieren. Nicht als Übung, sondern als Experiment. Aus reiner Neugier.

Atme bewusst ein und aus. Nicht anders als sonst, nur bewusster. Achte darauf, wie Dein Atem fließt, wo er lang fließt und wie es sich anfühlt. Es geht nicht um die Analyse eines Beobachters, sondern um das Fühlen dessen, was wirklich passiert. Nicht urteilen. Einfach nur fühlen.

Richte nun Deine Aufmerksamkeit auf die kleine Pause zwischen dem Einatmen und dem Ausatmen. Diese winzige Lücke, die vielleicht nur einen Bruchteil einer Sekunde dauert. Wenn Du langsam und tief atmest, wird es Dir leichter fallen, sie zu bemerken. Du kannst ihn auch zwischen dem Ausatmen und dem Einatmen bemerken.

Spürst Du sie? Diese kleine Pause, die Du vorher vielleicht nie bewusst wahrgenommen hast? Das ist ein Geschmack von dem Raum, von dem ich spreche. Er ist nicht spektakulär, nicht überwältigend. Er ist einfach... da. Ruhig, weit, still.

Und jetzt kommt das Verblüffende: Dieser Raum war schon da, bevor Du angefangen hast, darauf zu achten. Er wird auch da sein, wenn Du wieder mit Deinen alltäglichen Sorgen beschäftigt bist. Er ist zeitlos, konstant, unveränderlich.

Stille als Heimkehr

Was mich immer wieder fasziniert, ist, dass sich Stille wie eine Heimkehr anfühlt. Als würdest Du einen Raum in Dir betreten, den Du schon immer gekannt hast, aber lange nicht mehr da gewesen warst. Es ist keine fremde Erfahrung – es ist Erinnerung.

Vielleicht kennst Du das Gefühl, wenn Du nach einem langen, chaotischen Tag endlich nach Hause kommst, die Tür hinter Dir schließt und einmal tief durchatmest. Dieser Moment der Ankunft im eigenen Raum. So ähnlich fühlt sich das Ankommen in der Stille an – nur dass dieser „Raum" nicht äußerlich ist. Er ist in Dir.

Das Schöne daran: Du kannst jederzeit nach Hause kommen. Nicht erst, wenn die äußeren Umstände perfekt sind. Nicht erst am Abend, wenn alle Aufgaben erledigt sind. Sondern hier. Jetzt. Mitten im Gespräch mit dem genervten Kollegen. Mitten im Stau. Mitten in der Sorge um die Zukunft. In JEDEM Moment ist er da und kann von Dir betreten werden. Du kannst auch in ihm verweilen – ohne etwas von Deiner Energie im Außen zu verlieren. Im Gegenteil. Der Raum der Stille kann auch als eine Art Energielieferant gesehen werden – ein stetiger Strom an Ruhe, die in Deine Arbeit fließt.

Hier liegt eine der befreiendsten Wahrheiten über Stille: Sie ist nicht elitär. Du musst kein jahrelang praktizierender Mönch sein. Du brauchst keine besonderen Fähigkeiten, keine perfekte Technik, keine idealen Umstände. Stille diskriminiert nicht.

Der gestresste Geschäftsmann im überfüllten Zug hat genauso Zugang zu diesem inneren Raum wie die Meditationslehrerin auf ihrem stillen Retreat. Die überforderte Mutter zwischen schreienden Kindern kann ihn genauso finden wie der Einsiedler in den Bergen.

Warum? Weil Stille kein Zustand ist, der von außen herbeigeführt werden muss. Sie ist ein Raum, der bereits in Dir existiert. Du trägst ihn überallhin mit.

Vielleicht denkst Du jetzt: „Das klingt zu einfach, um wahr zu sein." Und ich verstehe diesen Zweifel. Wir sind so daran gewöhnt, dass alles Wertvolle schwer erarbeitet werden muss, dass die Einfachheit der Stille fast verdächtig erscheint.

Doch manchmal sind die tiefsten Wahrheiten die einfachsten. Die Tür zur Stille war nie verschlossen. Du hast nur geglaubt, Du müsstest erst den richtigen Schlüssel finden, die perfekte Technik lernen, die idealen Umstände schaffen.

Dabei war sie die ganze Zeit offen. Du musstest nur aufhören, so verbissen nach dem Schlüssel zu suchen, und einen Schritt zurücktreten. Dadurch schaffst Du selbst den Abstand, um klar erkennen zu können: Da ist eine offene Tür. Da ist ein weiter Raum. Da ist Stille.

Ein neuer Blick auf Deinen Alltag

Wenn Du beginnst, Stille als Raum statt als Zustand zu verstehen, verändert sich Dein ganzer Alltag. Plötzlich wird jeder Moment zu einer potenziellen Einladung. Der Moment vor dem ersten Schluck Kaffee am Morgen. Die Sekunde, bevor Du das Telefon abnimmst. Der Raum zwischen zwei Sätzen in einem Gespräch.

Du wirst feststellen, dass Dein Tag voller kleiner Türen ist – Türen zur Stille. Und je öfter Du sie bemerkst, desto selbstverständlicher wird es, hindurchzugehen.

Und nocheinmal:: Das Betreten dieses Raumes energetisiert Dich. Es ist keine Flucht vor dem Alltag, da die Qualität der Stille sowieso immer da ist - der Unterschied ist nur Deine Wahrnehmung. Bemerkst Du sie? Wenn nicht, dann nimmt den Raum der Stille wahr, betritt ihn, und agiere aus ihm heraus wie Du möchtest. Deine Wahrnehmung verschärft sich dadurch. Alles wird klarer und Du kannst die Dinge sehen, wie sie sind, ohne den Filter des Verstandes.

Dies ist keine weitere Aufgabe auf Deiner To-Do-Liste. Es ist eine Einladung zur Heimkehr in einen Raum, der Dir gehört und den Dir niemand nehmen kann. Einen Raum, der ruhig, weit und still ist – unabhängig davon, was um Dich herum geschieht.

Die Frage ist nicht, ob Du Zugang zu diesem Raum hast. Die Frage ist nur: Wann gönnst Du Dir den nächsten bewussten Besuch?

Peace.

PS Wenn Du das Gefühl hast, dass Dich dieser Raum ruft, dann buche Dir gerne ein unverbindliches Gespräch mit mir - oder schaue Dir meine anderen Newsletter, insbesondere den zur absoluten Basis an - ich freue mich auf Dich!