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Das Gesetz der schrägen Wand
Warum Dein Stillstand in Wahrheit harte Arbeit ist
Du gibst alles, investierst Zeit und Energie, bleibst dran – und trotzdem hast Du das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Leere. Nicht, weil Du faul warst - sondern weil Du unsichtbare Arbeit geleistet hast.
Vielleicht sitzt Du abends da und fragst Dich: "Warum komme ich nicht voran? Ich mache doch schon so viel." Du schläfst schlecht, weil die Gedanken kreisen. Du fühlst Dich wie in einem Hamsterrad gefangen, obwohl Du eigentlich alles richtig machst.
Hier ist etwas, das 99 % der Menschen völlig übersehen – und das einiges verändert, wenn Du es Dir bewusst machst:
Es gibt keinen "neutralen" Boden in Deinem Leben.
Was sich wie Stagnation anfühlt, ist oft die härteste Arbeit, die Du jemals geleistet hast. Du kämpfst gegen eine unsichtbare Kraft, ohne es zu wissen. Du zahlst täglich einen "Zerfallszins", ohne ihn bewusst in Deiner Rechnung zu haben.
Zerfallszins beschreibt den minmalen täglichen Energieaufwand, der nötig ist, um in dem jeweiligen Bereich nicht abzubauen.
Ich möchte Dir heute das, wie ich es nenne, "Gesetz der schrägen Wand" zeigen – eine Erkenntnis, die Dein Verständnis von Fortschritt, Plateaus und scheinbarem Stillstand für immer verändern wird. Du wirst verstehen, warum Deine Anstrengung nicht umsonst ist, auch wenn Du sie nicht siehst. Und Du bekommst ein praktisches System, um aus der Stagnationsfalle herauszufinden.
Du wirst erkennen: Es geht immer weiter bergauf. Immer. Auch dann, wenn Du es nicht spürst.
Die große Illusion
Die meisten Menschen stellen sich ihr Leben wie eine gerade Ebene vor. Sie denken: "Wenn ich nichts mache, bleibt alles gleich. Und wenn ich etwas mache, verbessere ich mich."
Wäre schön, wenn es so funktionieren würde. Tut es nur leider nicht.
Stell Dir vor, alles, was Du tust, spielt sich nicht auf einer geraden Ebene, sondern auf einer schrägen Wand ab. Ohne jegliche Anstrengung würde Dich die "Schwerkraft" nach unten ziehen. "Nichts tun" bedeutet langsames Abrutschen. "Gleich bleiben" erfordert konstante Gegenkraft.
Damit wird es, denke ich, etwas klarer, oder?
Stell Dir zwei Menschen vor. Nennen wir sie Anna und Mark. Beide haben eine gute Partnerschaft aufgebaut. Anna denkt: "Jetzt ist alles gut, jetzt kann ich mich entspannen." Sie investiert weniger Zeit, weniger Aufmerksamkeit, weniger bewusste Gespräche. Mark hingegen versteht das Gesetz der schrägen Wand instinktiv. Er weiß: Eine Beziehung zerfällt ohne Pflege.
Was passiert? Annas Beziehung beginnt zu bröckeln – langsam, unmerklich, aber stetig. Sie versteht nicht warum. "Wir haben doch nichts falsch gemacht!" Marks Beziehung wird mit den Jahren tiefer, stabiler, erfüllender.
Der Unterschied? Mark zahlt täglich den "Zerfallszins" seiner Beziehung: bewusste Gespräche, kleine Aufmerksamkeiten, gemeinsame Zeit. Anna übersieht, dass ihre scheinbare "Stagnation" in Wahrheit ein langsamer Zerfall ist.
Allein durch diese Erkenntnis konnte ich vieles leichter verstehen. Plötzlich verstand ich, warum sich manche Phasen meines Lebens so anstrengend anfühlten, obwohl äußerlich nichts passierte.
Ich erkannte: Diese Anstrengung war nicht umsonst. Sie hielt mich an Ort und Stelle, während um mich herum alles in Bewegung war. Sie baute Momentum für den nächsten Sprung nach vorne auf.
"Halten" ist aktive Leistung.
In unserer Leistungsgesellschaft wird nur sichtbarer Fortschritt gewertschätzt. Aber was ist mit der unsichtbaren Arbeit des Erhaltens? Was ist mit dem täglichen Kampf gegen den Zerfall?
Du wendest Anstrengung auf, um da zu bleiben, wo Du bist. Erst wenn Du genug aufgewendet hast, kann es weitergehen - vorausgesetzt, Du möchtest das. Erkenne aber, dass Du auch im Falle einer bewussten Stagnation immer den Zerfallszins zahlen musst. Auch um da zu bleiben, wo Du bist, musst Du Energie aufwenden.
Das ist das Gesetz der schrägen Wand: Alles, was nicht weiter ausgebaut wird, zerfällt. Dein Körper, Deine Fähigkeiten, Deine Beziehungen, Dein innerer Frieden – alles unterliegt diesem Gesetz.
Jeder Bereich Deines Lebens erhebt einen täglichen "Zins" auf Nichtstun. Dein Körper will bewegt werden. Deine Fähigkeiten wollen genutzt werden. Deine Beziehungen wollen gepflegt werden. Dein Geist will beschäftigt werden.
Wenn Du diesen Zins nicht zahlst, häuft sich eine unsichtbare Schuld an. Zuerst merkst Du nichts. Es passiert schleichend. Ein Riss in der Wand, etwas Putz der abfällt. Ein Fenster, das zerspringt. Doch dann, plötzlich, bricht alles zusammen.
Die Lösung? Zahle zuerst den Zerfallszins, dann investiere in Wachstum.
Das bedeutet: Definiere für jeden wichtigen Bereich Deines Lebens das Minimum, das nötig ist, um nicht zurückzurutschen. Erst dann investiere den Überschuss in echtes Wachstum.
Wenn Du das verstehst, wird aus frustrierender Stagnation kraftvolle Klarheit.
Deine Anstrengung war nie umsonst. Sie war das Fundament für alles, was noch kommt.
Damit aus der Erkenntnis aber auch eine Wirkung erzielt werden kann, benötigst Du ein System, das Dich auch an schlechten Tagen trägt.
Der Auftriebsmodus: 5 Schritte aus der Stagnationsfalle
"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion."
"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion." – Viktor Frankl
Eine Wahrheit, die den meisten Menschen nie bewusst wird: 90% ihrer Energie fließt in das Bekämpfen von Problemen, die sie sich selbst schaffen, weil sie dieses Gesetz nicht verstehen.
Du brennst nicht aus, weil Du zu wenig tust, sondern weil Du nicht weißt, wofür Du Energie aufwendest. Du kämpfst gegen Windmühlen, statt das System zu verstehen.
Der Auftriebsmodus ändert das. Er zeigt Dir, wie Du die unsichtbare Schwerkraft Deines Lebens nicht nur erkennst, sondern zu Deinem Vorteil nutzt.
Schritt: Zerfallszonen erkennen
Schritt: Mindestzins definieren
Schritt: Mikro-Rituale etablieren
Schritt: Plateau-Paradox verstehen
Schritt: Überschuss gezielt hebeln
Schritt 1: Erkenne Deine Zerfallszonen
Identifiziere die Bereiche, in denen Du den "Zerfallszins" unbewusst zahlst.
Das sind die Bereiche Deines Lebens, die sich irgendwie "schwer" anfühlen, obwohl Du nichts Konkretes dafür tun müsstest. Vielleicht ist es Deine Gesundheit – Du merkst, dass Du Dich träger fühlst, aber "eigentlich" machst Du ja nichts falsch. Oder Deine Beziehungen – sie sind "okay", aber irgendwie fehlt die Tiefe von früher.
Nimm Dir 10 Minuten und schreibe auf:
Welche 5 Bereiche Deines Lebens sind Dir am wichtigsten?
In welchem Bereich spürst Du eine langsame "Erosion"?
Wo denkst Du: "Das müsste ich eigentlich mal wieder..."?
Das sind Deine Zerfallszonen. Hier zahlst Du unbewusst den Zins, ohne es zu merken.
Wenn Du diese Zonen identifizierst, hörst Du auf, gegen unsichtbare Kräfte zu kämpfen. Du siehst endlich, wo Deine Energie hingeht.
Schritt 2: Definiere Deinen Mindestzins
Bestimme für jeden Bereich das absolute Minimum, um nicht zurückzurutschen.
Hier machen die meisten Menschen einen fatalen Fehler: Sie verwechseln Wachstum mit Erhalt. Sie setzen sich große Ziele, scheitern, und geben auf – dabei hätten kleine, konstante "Zinszahlungen" ausgereicht.
Ich kenne jemanden, der jahrelang versucht hat, wieder in Form zu kommen. Immer wieder startete er ambitionierte Trainingspläne, hielt drei Wochen durch, und brach dann ab. Was er dabei nicht gesehen hat war, dass sein Körper keine heroischen Trainingseinheiten brauchte. Es benötigte 30 Minuten tägliche Bewegung – nur um den Zerfallszins zu zahlen.
Als er das verstand und anfing, täglich 30 Minuten spazierenzugehen, passierte es: Nach zwei Monaten hatte er Lust auf mehr. Aus 30 Minuten wurden 45, aus Gehen wurde Joggen. Der Schwellenwert war erreicht.
Für jeden wichtigen Bereich Deines Lebens:
Körper: Was ist das Minimum an Bewegung, um nicht abzubauen?
Beziehungen: Wie viel bewusste Aufmerksamkeit braucht Deine wichtigste Beziehung pro Woche?
Fähigkeiten: Wie wenig Übung reicht, um nicht zu verlernen?
Innerer Frieden: Welche minimale Praxis hält Dich in Deiner Mitte?
Du ersetzt heroische Anstrengungen durch nachhaltige Systeme. Du zahlst bewusst den Zins, statt unbewusst den Preis des Zerfalls.
Schritt 3: Etabliere Anti-Gravitations-Rituale
Verwandle die Zinszahlung in automatische, unverhandelbare Mikrohandlungen.
Das Geheimnis liegt nicht in der Motivation, sondern in der Mechanik. Du benötigst Rituale, die so klein sind, dass Du sie auch an Deinen schlechtesten Tagen machen kannst.
Stell Dir vor, Du hast ein Ritual von 2 Minuten täglicher Meditation. Es ist so klein, dass Dein Verstand keinen Widerstand leistet. Aber diese 2 Minuten zahlen den Zerfallszins Deines inneren Friedens. Nach einem Monat merkst Du: Du bleibst gelassener. Nach drei Monaten: Du meditierst freiwillig länger.
Für jeden Bereich ein Mikro-Ritual. Beispiele:
Körper: 5 Minuten Stretching nach dem Aufstehen, 7-10 Tsf. Schritte am Tag, 2x die Woche Krafttraining
Beziehung: Eine bewusste Frage pro Tag an Deinen Partner, täglich 10 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit, 1 Date die Woche
Fähigkeiten: 10 Minuten Lesen in Deinem Fachbereich, 3 × 20 Minuten die Woche in einem neuen Bereich weiterbilden
Innerer Frieden: 3 bewusste Atemzüge vor jeder Mahlzeit - ich empfehle Dir hier auch meinen Newsletter zum Thema Mikromomente der Achtsamkeit.
Du baust ein System, das läuft, egal wie Du Dich fühlst. Du wirst unabhängig von Motivation und erschaffst echte Nachhaltigkeit.
Schritt 4: Erkenne das Plateau-Paradox
Verstehe Plateaus als Kompressionskammern, nicht als Sackgassen.
Hier liegt der große Paradigmenwechsel: Plateaus sind nicht das Ende des Fortschritts. Sie dienen dem Druckaufbau für den nächsten Sprung.
Plateaus signalisieren, dass Dein System Ressourcen umschichtet und sich anpasst. Sichtbare Effekte bleiben dabei oft auf der Strecke.
Stell Dir eine Pumpe vor. Du pumpst und pumpst und erst passiert scheinbar gar nichts. Doch der Druck baut sich auf. Und plötzlich – der Sprung. Das Wasser schießt heraus.
Genauso funktioniert echtes Wachstum. Du "pumpst" durch Deine täglichen Rituale. Äußerlich passiert scheinbar nichts. Innerlich baut sich aber Momentum auf und dann, auf einmal – der Schwellensprung.
Wenn Du Dich das nächste Mal auf einem vermeintlichen Plateau befindest:
Erinnere Dich: Du bist dabei, genügend Druck aufzubauen
Bleibe bei Deinen Ritualen, auch wenn Du keine Veränderung siehst
Dokumentiere kleine Verbesserungen, die andere übersehen würden
Bereite Dich auf den Sprung vor, statt zu verzweifeln
Dadurch entwickelst Du eine gewisse Plateau-Geduld – eine der wertvollsten Fähigkeiten unserer Zeit. Du bleibst dran, wenn andere aufgeben.
Du hörst es überall: „Consistency“ – also konsistent an etwas dranbleiben – ist entscheidend. Und das stimmt, auch wenn es von außen nicht danach aussieht.
Schritt 5: Nutze den Hebel des Überschusses
Erst wenn Du den Zerfallszins gesichert hast, investiere gezielt in Wachstum.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Die meisten Menschen verprassen ihre Energie in alle Richtungen. Du lernst, erst das Fundament zu sichern, und dieses dann strategisch zu hebeln.
Wenn Du täglich 100 Einheiten Energie hast und 70 davon für den Zerfallszins brauchst, bleiben Dir 30 für Wachstum. Diese 30 Einheiten fokussierst Du auf EINEN Bereich, bis der Sprung kommt.
Ein Klient von mir war monatelang frustriert. Er meditierte, ging ins Gym, las Bücher, arbeitete an seiner Beziehung – alles gleichzeitig. Nichts schien zu funktionieren.
Wir analysierten seine Energiebilanz. 80% seiner Kraft ging in das Aufrechterhalten seines Status quo. Die restlichen 20% verteilte er auf fünf verschiedene Wachstumsbereiche.
Die Lösung: Wir reduzierten seine "Zinszahlungen" auf das absolute Minimum und fokussierten seinen gesamten Überschuss auf Meditation. Nach sechs Wochen: Durchbruch. Seine innere Ruhe stabilisierte sich so stark, dass plötzlich alle anderen Bereiche von selbst besser wurden.
Praktische Anwendung:
Berechne Deine tägliche Energiebilanz
Sichere zuerst alle Zerfallszins-Zahlungen (nochmal: Das sind die Zahlungen, die tatsächlich energetisch getätigt werden müssen, damit Du in den gewünschten Bereichen da bleibst, wo Du bist!)
Wähle EINEN Wachstumsbereich für die nächsten 3 Monate
Investiere den gesamten Überschuss dort hinein
Erst nach dem Schwellensprung gehst Du zum nächsten Bereich. Vergiss aber nicht, den Zerfallszins des gerade erreichten Bereichs zu zahlen!
Mach das doch direkt einmal: Notiere Dir jetzt eine Zerfallszone, am besten die, die Dir beim Lesen direkt in den Sinn gekommen ist, und dazu ein Mikro-Ritual. Dieses Ritual stellt Deinen Zerfallszin da. Starte heute.
Dadurch wirst Du zu einem Menschen, der nachhaltig wächst, statt sich "sinnlos" zu verausgaben. Du verstehst die Mechanik des Lebens und nutzt sie zu Deinem Vorteil.
Keine Anstrengung ist verschwendet
Es gibt einen Moment in jedem Transformationsprozess, wo alles zusammenfällt. Wo Du plötzlich verstehst, dass es nicht umsonst war.
Vielleicht erkennst Du, dass all die Phasen, die sich wie auf der Stelle treten angefühlt haben, in Wahrheit die wertvollste Arbeit waren, die Du je geleistet hast.
Du hast gegen eine unsichtbare Schwerkraft gekämpft. Du hast täglich den Zerfallszins gezahlt, ohne zu wissen, dass Du es tust. Du hast Momentum aufgebaut in einer scheinbaren Kompressionskammer namens Plateau.
Du bist nie stagniert. Du warst immer in Bewegung.
Der Auftriebsmodus zeigt Dir: Es geht immer weiter bergauf. Immer. Auch dann, wenn Du es nicht spürst. Auch dann, wenn alle um Dich herum den Fortschritt nicht sehen können.
Deine Aufgabe ist nicht, heroische Sprünge zu machen. Deine Aufgabe ist, das System zu verstehen und täglich Deine "Anti-Gravitations-Rituale" zu praktizieren.
Den Rest erledigt die Kraft des Schwellensprungs.
Wenn Du das nächste Mal das Gefühl hast, auf der Stelle zu treten, erinnerst Du Dich an diesen Moment. Du erinnerst Dich daran, dass Du gerade die unsichtbarste und wertvollste Arbeit Deines Lebens leistest.
Du hältst Dich auf der schrägen Wand. Du zahlst den Zerfallszins. Du baust Momentum auf.
Und eines Tages – wenn der Druck groß genug ist – wirst Du den Sprung machen. Einen Sprung, der alles verändert.
Solange Du dranbleibst, geht es immer weiter bergauf. Immer.
Peace.

Eine persönliche Frage zum Abschluss: In welchem Bereich Deines Lebens zahlst Du gerade unbewusst "Zerfallszins"? Und was wäre Dein erstes Anti-Gravitations-Ritual, um bewusst das Ruder zu übernehmen?
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